Museo svizzero del tiro Berna

«Militär ist Leerlauf». Ein offener Diskurs

«Militär ist Leerlauf». Dieser Satz zierte am Montagmorgen die Museumsfassade. Es ist nicht das erste Mal, dass wir mit «Fassadenmalerei» beglückt werden. Meistens ist sie aber mehr oder weniger sinnfrei, dafür permanent. Dieses Mal allerdings, wurde ein ganzer Gedanke formuliert und dieser obendrauf in vergänglicher Form übermittelt.
Der Schriftzug wirft im Wesentlichen drei Fragen auf:
1. Ist die Museumsfassade zufällige Trägerin des Satzes geworden oder wurde er bewusst dort platziert?
2. An wen ist der Satz adressiert?
3. Was ist die Botschaft hinter dem Satz?

Das Schützenmuseum wird oft lapidar als «Militärmuseum» oder «Waffenmuseum» bezeichnet. Das ist natürlich beides falsch, in Bezug auf Letzteres schon daher, weil die Waffen nur einen Teil (und dabei nicht einmal den grössten) der Sammlungen ausmachen. Thematisch geht es gerade nicht ums militärische, sondern ums sportliche Schiessen im Wettkampf und in der Freizeit. Nicht ganz falsch ist dagegen die Annahme, dass dieses Sportschiessen, mindestens historisch gedacht, tatsächlich mit dem Wehrwesen verbandelt ist. 

Im Bewusstsein darum, dass bezüglich der thematischen Ausrichtung des Museums nach wie vor allerhand Missverständnisse und Unklarheiten vorherrschen, ist naheliegend, dass der Kommunikator/die Kommunikatorin die Wand nicht zufällig, sondern eben bewusst als Trägerin der Botschaft ausgewählt hat.

Unklar dagegen ist, an wen sie gerichtet ist. Letztlich spielt das aber auch gar keine Rolle. Ist sie es an die Adresse der Institution und damit indirekt an mich, nehme ich sie vorerst einmal entgegen, nehme dazu aber noch keine Stellung. Immerhin betrifft sie, wie gesagt, nicht das Kernthema des Schützenmuseums und meine Meinung dazu ist nicht mehr oder minder relevant als andere. Das heisst allerdings gerade nicht, dass darüber kein Diskurs erfolgen soll. Im Gegenteil. Das Museum – seine Ausrichtung ist dabei nebensächlich – ist dafür der exakt richtige Ort. Museen sind nicht nur Räume zum Sammeln, Konservieren, Erforschen und Vermitteln. Sie sollen auch Raum bieten für den kritischen Dialog über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft (in diesem Sinne auch die neue, zur Diskussion gestellte Museumsdefinition des ICOM). Solche Dialoge sind wichtig, sinnvoll und wertvoll, allerdings nur dann bereichernd, wenn sie auf einer breiteren Ebene geführt werden.

In diesem Sinne nehme ich die neuste «Fassadenmalerei» zum Anlass, einen solchen offenen Diskurs über die Aussage

«Militär ist Leerlauf»

anzustossen.

Ich bin gespannt auf eine faire, anständige, intensive Diskussion hier und danke dem anonymen Verfasser/der anonymen Verfasserin für den Gedankenanstoss – und auch dafür, dass die Botschaft mit Kreide verfasst wurde, was mir viel Ärger und Aufwand erspart hat, da sie mit dem nächsten Regen wieder verschwunden sein wird und damit Platz für neue Diskurse lässt.

Regula Berger, Direktorin Schweizer Schützenmuseum und Diskursmanagerin